Belgier bei ausländischen Turnieren: 41. Cappelle La Grande (15.-21. Februar 2025)

Helmut Froeyman     31.03.2025

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An der 41. Ausgabe von Cappelle La Grande haben 65 Belgier teilgenommen. Wäre es in den Frühjahrsferien gewesen, wären es sicher noch viel mehr gewesen. Cappelle La Grande liegt weniger als 10 km von der belgischen Grenze entfernt und ist daher schon seit vielen Jahren ein wichtiger Bestandteil des belgischen Schachkalenders.

Als ich 2005 zum ersten Mal teilnahm, pendelte ich zwischen meinem Elternhaus in Roeselare und dem Spielort. Viele Westflamen machen das auch, um Hotelkosten zu vermeiden. Beim zweiten Mal im Jahr 2020 mietete ich eine kleine Wohnung in De Panne. Das ist nur 25 km von der Spielhalle entfernt. Dieses Jahr entschied ich mich für das Low-Budget-Hotel Campanille in Cappelle La Grande. Mit der auf nur eine halbe Stunde verkürzten Wartezeit fand ich das sowohl angenehmer als auch sinnvoller. Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die weiter weg übernachteten, kamen nicht rechtzeitig zu einem Spiel und bekamen deshalb ein Forfait. Cappelle La Grande ist ein kleines französisches Dorf mit 8.000 Einwohnern. Wenn du Schach mit Tourismus verbinden willst, ist das der falsche Ort. Es gibt nichts zu tun außer Schach zu spielen und nichts zu sehen. Das Meer ist in der Nähe, aber nur echte Sturmjäger gehen zu solchen Zeiten spazieren. Es hat sogar eine Zeit lang geschneit, so dass ich Zeit damit verloren habe, meine Autoscheiben zu vereisen. Ein Auto ist übrigens praktisch, aber mit etwas Geduld kannst du in der ganzen Region kostenlos den Bus benutzen.

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Atmosphärenbild des Spielzimmers
Foto Leuvencentral Bericht CLG 2025

Jedes Turnier hat seine eigene, besondere Atmosphäre und das trifft auch auf dieses Open zu. Zunächst einmal ist es eines der letzten großen Open in Europa, bei dem alle in einer Gruppe spielen. Es war zwar keine Rekordauflage, aber 533 Teilnehmer/innen in einer Halle sind schon ein Spektakel für sich. Das zog jeden Tag eine Menge Besucher an. Diese 533 werden noch dadurch hervorgehoben, dass jedes Brett nicht nur ein Namensschild hat, sondern auch eine Flagge seiner/ihrer Nationalität. Das kam mir sehr gelegen, denn ich fand mein Board schnell als einer der einzigen Belgier, die auf den höheren Boards campierten.

Der Nachteil daran, alle in einer Gruppe spielen zu lassen, ist der große Niveauunterschied zwischen den Spielern. Von 16 Großmeistern, von denen einer knapp unter 2600 Elo ist, bis hin zu einer großen Gruppe von Spielern ohne Rating, die alle zusammen spielen. Mit beschleunigten Paarungen wird versucht, Gegner zu finden, die näher an deinem Rating liegen, aber ich persönlich habe keinen oder nur einen geringen Unterschied gesehen. Seit 3 Ausgaben (27 Partien) sind meine Gegner entweder unter 2100 oder über 2400. Gleichwertige Gegner erreiche ich nie.

Der Spielplan ist auch ziemlich ungewöhnlich, denn jede Runde beginnt zu einer anderen Uhrzeit. Außerdem gibt es 2 Tage mit Doppelrunden. Die Partien werden mit dem belgischen Inter-Club-Tempo gespielt, also 40 Züge in 90 Minuten + 30 Minuten für die Pause und 30 Sekunden Inkrement.

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Ich hatte Pech an den Tagen mit Doppelrunden mit jeweils langen Partien. Wenn man das mit der Vorbereitung kombiniert, habe ich an einem Tag sogar mehr als 14 Stunden ausschließlich Schach gespielt. Außerdem musste ich in der letzten Runde bis 16 Uhr warten, um mein Mittagsmahl einzunehmen. Gutes Essen in der Nähe war ohnehin schwierig. Zum Glück boten die belegten Brötchen im Turniersaal mehrmals eine Ausweichmöglichkeit. Die Tatsache, dass ich als einziger +48-Jähriger unter den Top 50 der Endwertung war, ist nach solchen Strapazen nicht überraschend.

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Fltr: Ich, Richard, Marc und Bruno bei einem Abendessen in Cappelle La Grande 2025

Trotzdem machen solche Turniere immer Spaß, wenn man in der richtigen Gesellschaft spielen kann. Nach den Spielen haben wir mehrmals in einem benachbarten Hotel zu Abend gegessen. Im Auto wurde viel geplaudert und gelacht. Richard Meulders entpuppte sich als großartiger Anekdotenerzähler. Eine Person zu Hause hatte weniger Glück, denn ich hatte nicht daran gedacht, dass dadurch 3 Stammspieler der ersten Mannschaft für die 8. Runde der belgischen Inter-Club fehlen würden.

Jeder Spieler und jedes Spiel in einem Turnier ist eine Geschichte für sich. Wählen heißt verlieren, aber das folgende Spiel hat mich sehr beeindruckt. Das liegt nicht so sehr am Spielverlauf, sondern vor allem an dem unglaublichen Talent, das mein 11-jähriger Gegner zeigte. Ich wusste schon vorher, dass Bassam El Zein der amtierende französische U12-Meister war, und ich traute ihm 1981 am wenigsten über den Weg.

Ich hatte nirgendwo einen Fehler gemacht, so dass er mich mit seinem Magnus (eine scheinbar schwache Eröffnung, fantastischer positioneller Sinn) einfach weggespielt hatte. Es war pures Glück und auch ein bisschen von meinem Endspielwissen/-technik, das mich den halben Punkt retten ließ. Dass er am Ende noch 1h 32 Minuten übrig hatte, also mehr als am Anfang, hat mich allerdings total verwirrt.

Im anschließenden Rap-Turnier hielt Bassam den Sieger des Open + 2500 fide Boyer Mahel remis, gewann gegen den französischen Großmeister Gabriel Flom und erzielte auch ein Remis gegen den französischen IM Thomas Dionisi siehe Bassam results rapid CLG. Solche Eröffnungen sind oft ein Vorgeschmack auf zukünftige große Talente. Cappelle La Grande 2025 war eine weitere Woche mit viel Schachspaß auf und neben dem Brett.

Helmut Froeyman

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